4.Ein auf individuelle Bedürfnisse gerichtetes, aber standardisiertes Informationssystem
 
Das System PLAISIR® geht von dem Grundprinzip aus, daß sich die Entscheidungen auf allen Ebenen an den Bedürfnissen der Bewohner orientieren sollten, anstatt an den global zur Verfügunggestellten Ressourcen. Es operationalisiert dieses Grundprinzip, indem der Fokus auf die für den Bewohner erforderlichen Leistungen gerichtet wird, anstatt auf die Leistungen, die ihm gegeben werden. Man definiert als erforderliche Leistungen die Pflege und Unterstützung, die der Bewohner erfordert, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Die Bestimmung der erforderlichen Leistungen durch die Fachkräfte wird durch deren Pflegephilosophie beeinflußt, die sich durch gewisse Regeln, Normen und Standards ausdrückt, die wiederum angeben, wie die verschiedenen Bedürfnisse zu beantworten sind.

Die gegebene Pflege entspricht nicht immer der erforderlichen Pflege, so wie wir sie gerade definiert haben. Dies kann an einem Mangel an Ressourcen, einer schlechten Evaluation der Bedürfnisse des Bewohners oder an den internen Regelungen der Institution liegen. Angenommen das Pflegepersonal hilft einem Bewohner einmal am Tag beim Gehen (gegebene Pflege), der Qualitätsstandard (erforderliche Pflege) verlangt jedoch, daß man ihm drei (3) mal am Tag beim Gehen hilft. Man wird also auf dem Fragebogen FRAN® diese Pflegeaktion folgendermaßen vermerken: "gehen mit Hilfe" um 10 Uhr - 15 Uhr - 20 Uhr "jeden Tag", anstatt "gehen mit Hilfe" um 15 Uhr "jeden Tag".

Wie schon weiter oben erwähnt, wird die Bestimmung der erforderlichen Pflege durch die Pflegephilosophie und die davon abgeleiteten professionellen Normen und Standards beeinflußt. Diese Philosophie, Normen und Standards variieren von einer Institution zur anderen. Wenn man also die Bestimmung dessen, was erforderlich ist, nicht regeln würde, dann würde die erforderliche Pflege des gleichen Patienten (als Ausdruck der zu erbringenden Leistungen und infolgedessen als Ausdruck der Ressourcen) von einer Institution zur anderen variieren. Dies stellt ein bedeutendes Gerechtigkeitsproblem dar, wenn die Ergebnisse der Evaluationen PLAISIR® zur Verteilung eines globalen Budgets zwischen verschiedenen Programmen oder Institutionen einer Region verwendet werden, und diese Verteilung gemäß der für die Bewohner erforderlichen Ressourcen erfolgt, oder auch im Fall der Versicherungen, wenn es darum geht die Institutionen für die Pflege und Unterstützung jedes Bewohners zu bezahlen. Deshalb ist es also notwendig Pflegestandards festzulegen, denen alle Institutionen zustimmen müssen.

Diese Standards der Pflege und Unterstützung müssen dem entsprechen, was in den betreffenden Institutionen als "gute Pflege" anerkannt ist. Wenn sie nicht einer optimalen Pflege entsprechen, so müssen sie dennoch dem Bewohner Wohlbefinden und eine angemessene Sicherheit garantieren. Die Standards sollen den Krankenschwestern, die mit dem Formular FRAN® die für den Bewohner erforderliche Pflege und Unterstützung evaluieren, eine Hilfe sein. Sie sind nicht bindend, sondern weisen auf einen Durchschnitt hin, von dem die Krankenschwester abweichen kann, vorausgesetzt sie begründet diese Abweichung schriftlich auf dem FRAN®, indem sie sich auf die besonderen Bedürfnisse des jeweiligen Bewohners beruft.

Die Standards, die im Rahmen der Evaluationen PLAISIR® in den Kantonen der französischsprachigen Schweiz verwendet wurden, sind weiter unten aufgeführt.